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Abb. oben: Zustand 2009 |
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Ein Großwohnprojekt der NS-Zeit 1936 meldeten die Bayerischen Flugzeugwerke (BFW) einen Bedarf von 900 Wohnungen für Angestellte und Arbeiter "aus dem ganzen Reich" an, die in Augsburg das Fabrikationsprogramm des expandierenden Hochrüstungsunternehmens erfüllen sollten. Gegenüber der Stadt, die zu diesem Zeitpunkt bereits unfähig war, der ohnehin herrschenden Wohnungsnot gegenzusteuern, machten Vertreter der BFW und des Reichsluftfahrtministeriums unmissverständlich klar, dass angesichts der Bedeutung des Projekts Baugrund "entschädigungslos" bereitzustellen und die anstehende Maßnahme zügig abzuwickeln sei. Unter diesen Prämissen beschäftigte die Wohnungsbaugesellschaft der Stadt Augsburg (WBG) als Bauträger 800 Bauarbeiter sowie 13 bekannte Architekten, darunter Eduard Rottmann, Leopold Kalbitz, Heinz Schunck und Cornelius Kurz. Auf stadteigenem Grund entstanden im Hochfeld, unweit der BFW, schlichte, dreistöckige Zeilenbauten mit 228 Zwei- und 246 Dreizimmerwohnungen, die dem sozialen Status der Mieter gemäß vergeben wurden. Konträr zur eigenen Siedlungsideologie, nach der sich völkische „Zuchtziele“ nur im Siedlerhäuschen mit Garten verwirklichen ließen, schloss das größte nationalsozialistische Wohnprojekt Augsburgs typologisch an den "verhassten" Mietwohnungsbau der Weimarer Republik an. Der "Kunst am Bau" dienten in Stein gehauene Köpfe als Symbole für die Deutsche Arbeitsfront (DAF), die Hitler-Jugend (HJ) und den Bund Deutscher Mädel (BDM). Quartiernahme Das Anwesen in der Von-Richthofen-Straße steht beispielhaft für ein wesentliches Kapitel der Augsburger Kriegs- und Nachkriegsgeschichte. In der NS-Zeit wohnte dort unter anderem ein später als „Denunziant“ eingestufter Eisendreher. Der ebenfalls im Gebäude ansässige Hausverwalter fungierte zugleich als "Blockwalter" der Nationalsozialistischen Volkswohlfahrt (NSV) und sorgte so für die politische Bespitzelung. Als die Amerikaner 1945 Räumlichkeiten zur Unterbringung von Displaced Persons (DPs) benötigten, beschlagnahmten sie einen Großteil der Liegenschaften im Hochfeld, deren Mieter ihr gesamtes Mobiliar zurücklassen mussten und in Behelfsbauten einquartiert wurden. Aber auch die DPs selbst, hauptsächlich baltische Staatsbürger, lebten im Hochfeld unter schwierigsten Bedingungen, da jeder Person nur eine maximale Wohnfläche von 3,35 qm zustand, jede Wohnung somit von durchschnittlich acht DPs belegt war. Trotz vieler Proteste von Seiten der „Besatzungsgeschädigten“ wurde der Beschlagnahmestatus erst 1952 aufgehoben. Nach einer grundlegenden Sanierung gingen die Wohnungen wieder an deutsche Mieter. Auch der frühere NSBlockwart kehrte zurück. Heute leben in den Hochfeld-Bauten von 1936/37 vor allem Menschen mit Migrationshintergrund.
Verwendete Materialien
in Kürze!
Abbildungen Rainer Ackermann, Wohnaugesellschaft (WBG), Stadtarchiv Augsburg
Literatur
Fürmetz, Gerhard / Nerdinger, Winfried / Wolf Barbara (Hg.): Häusergeschichte(n). Augsburger Häuser und ihre Bewohner. Augsburg 2009, S. 54-55.
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